Trainingsvideos auf Augenhöhe

Die Trainer/innen von www.radfahrtraining.at haben in der Coronazeit Lehrvideos zur Vorbereitung auf die „Freiwillige Radfahrprüfung“ und das Radfahren in der Verkehrsrealität gedreht.

Zur Person

Mag. Jörg Ofner ist von klimaaktiv mobil zertifizierter Radfahr-Mastertrainer und möchte mit seinen KollegInnen seine Begeisterung für das Radfahren in Radfahrkursen weitergeben. An Grazer Volksschulen führen er und sein Team flächendeckend Vorbereitungskurse für die freiwillige Radfahrprüfung durch.

Zu den Videos

Herr Ofner, Sie sind als Radfahrtrainer aktiv. Was sind da Ihre Aufgaben?

Am bekanntesten sind wir für unsere Radfahrtrainings in Graz, die wir flächendeckend an den Volksschulen anbieten. Im Rahmen der Vorbereitung auf die Radfahrprüfung dürfen wir alle vierten Klassen der Volksschulen in Graz trainieren. Von diesen aktuell 120 vierten Volksschulklassen macht die überwiegende Mehrheit mit. Das wird also sehr gut angenommen, ist aber auch das Ergebnis von sehr vielen Jahren Aufbauarbeit. 2021 geht die Initiative bereits in das 27. Jahr über. 

Welche Beziehung haben Sie persönlich zum Thema Fahrrad?

Ich bin natürlich begeisterter Alltags-Radfahrer. Gerade in der Stadt ist das ein optimales Verkehrsmittel, um sehr schnell und umweltfreundlich ans Ziel zu kommen. Man tut etwas Gutes für sich selbst, aber auch für die Umwelt und die Mitmenschen. Seit meiner Kindheit verbinde ich das Radfahren mit einem großen Freiheitsgefühl. Ich unternehme auch gerne Fahrradreisen und habe die verschiedensten Fahrräder bei mir im Keller: vom Tandem bis hin zum Transportrad. Letzteres ist übrigens auch wahnsinnig praktisch in der Stadt.

Was ist besonders wichtig an der Verkehrserziehung in jungen Jahren?

Kinder im Volksschulalter werden langsam selbstständig: Viele gehen oder fahren alleine in die Schule. In dem Alter ist es wichtig, ihnen die wichtigsten Verkehrsregeln beizubringen. Aber auf der Straße ist nicht immer alles so wie im Lehrbuch. Und darum ist unser Ansatz, zusätzlich zu den Verkehrsregeln das sichere Verhalten in den Vordergrund zu stellen. Und im Volksschulalter lernen die Kinder das noch gut und auch gerne. Für manche Jugendliche ist das Radfahren schon wieder uninteressanter, das ist sozusagen unsere Sorgen-Altersgruppe. Und darum möchten wir die Kinder schon früh für das Radfahren begeistern und sensibilisieren. Menschen, die bereits als Kinder gerne Rad fahren, werden das auch mit großer Wahrscheinlichkeit im späteren Leben beibehalten.

Warum hat die freiwillige Radfahrprüfung bei den Schülern so einen großen Stellenwert?

Es ist die erste große Prüfung außerhalb der Schule. Das ist für viele Kinder ein sehr prägendes Erlebnis und ein großer Schritt in die Selbstständigkeit. Man setzt sich auf das Fahrrad und kann selbstständig weitere Strecken zurücklegen: die Freunde oder Großeltern besuchen, zum Sport fahren … das geht alles mit dem Fahrrad.

Wie laufen Ihre Fahrradkurse normalerweise – außerhalb der Pandemie – ab?

Pro Schulklasse haben wir einen Vormittag lang Zeit. Wir kommen mit unseren eigenen Fahrrädern an die Schule. Die Schüler nehmen ebenfalls ihre eigenen Fahrräder und eigene Helme mit. Die Klasse wird dann in zwei Gruppen geteilt. Dann machen wir vorbereitende Übungen im Schonraum, das ist meistens der Schulhof. Da sehen wir, auf welchem Stand die Kinder beim Radfahren sind. Und mit den Kindern, bei denen wir das Gefühl haben, dass es gut geht, fahren wir im Anschluss in den öffentlichen Verkehrsraum. Das macht unser Training auch so besonders: dass wir den Fokus auf die Verkehrsrealität legen.  

Was passiert bei so einer Ausfahrt?

Wir begleiten die Kinder zu zweit – eine Person fährt voraus, die andere fährt hinter der Gruppe und schirmt sie ab. In den Schulumgebungen finden wir meistens sehr gute Übungsgebiete vor. Wir fahren in verkehrsberuhigten Straßen in Schulnähe und schauen uns genau die Gegend an, in der die Kinder dann nach der Radfahrprüfung auch selbst unterwegs sein werden. Wir besprechen bei der Ausfahrt die Verkehrsschilder und Kreuzungen, auf die wir treffen. Außerdem üben wir mit den Kindern verstärkt das Linksabbiegen, weil das selbst für Erwachsene ein sehr komplexer Vorgang ist. Und ganz wichtig: Wir geben den Kindern Feedback – das ist ihnen immer sehr wichtig, sie wollen ganz genau wissen, ob sie etwas gut oder vielleicht weniger gut gemacht haben.  

Nachdem Schulbesuche während der Lockdowns nicht möglich waren, haben Sie sich etwas Besonderes einfallen lassen ...

Wir haben uns entschlossen, Lehrvideos zur Vorbereitung auf die Radfahrprüfung und das Radfahren in der Verkehrsrealität zu drehen. In einem ersten Schritt sind es jetzt zehn kurze Lehrvideos geworden, auf die wir auch sehr stolz sind. Die Rückmeldungen von den Schulen sind bisher sehr positiv. Die Idee hinter den Videos war, dass sich die Kinder zu Hause Tipps holen können: von der richtigen Ausstattung für das Fahrrad bis hin zum Verhalten im Straßenverkehr. Und wir haben Übungen eingebaut, die die Kinder mit dem Fahrrad zum Beispiel in der eigenen Einfahrt oder im Hof nachmachen können.  

Welches Feedback haben Sie zu den Videos erhalten?

Die Gefahr bei Lehrvideos ist oft, dass ein Thema von oben herab erklärt wird. Die Lehrerinnen und Lehrer waren deshalb sehr froh, dass unsere Videos aus der Sicht der Kinder gestaltet sind. Die Länge von jeweils ca. 1 Minute ist gut auf die Aufmerksamkeitsspanne der Kinder abgestimmt.  

Gibt es bereits Ideen zu weiteren Videos? Welche Themen könnten noch behandelt werden?  

Viele. Man könnte zum Beispiel noch komplexere Kreuzungssituationen und mehr Situationen im Verkehrsalltag beschreiben und noch mehr Spiele einbauen. Aber man könnte auch Videos für neue Zielgruppen gestalten, zum Beispiel für MigrantInnen oder Videos zum Thema Transportrad, wo viele Leute noch Berührungsängste haben. Ein Wunsch von mir wäre es, auch mehr in Richtung Eltern-Kind-Training zu gehen. Erwachsene FahranfängerInnen haben oft eine große Schamgrenze vor Nachbarn oder den eigenen Kindern wenn es darum geht, das Radfahren komplett neu zu lernen. Hier könnten Lehrvideos ein guter Einstieg in die Thematik sein.

Was ist das wichtigste, das sie Kindern zum Thema Radfahren vermitteln wollen?

Die Freude am Radfahren. Und das Gefühl der Sicherheit. Dass man weiß, worauf man achten muss, damit einem möglichst nichts passiert wenn man unterwegs ist. Die Kernbotschaft ist ganz einfach: Radfahren macht Spaß und bedeutet auch Freiheit und Unabhängigkeit. Das möchten wir den Kindern vorleben. 

Zur Person

Mag. Jörg Ofner ist von klimaaktiv mobil zertifizierter Radfahr-Mastertrainer und möchte mit seinen KollegInnen seine Begeisterung für das Radfahren in Radfahrkursen weitergeben. An Grazer Volksschulen führen er und sein Team flächendeckend Vorbereitungskurse für die freiwillige Radfahrprüfung durch.

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