Grundsätzliches zum Unterrichtsprinzip Verkehrs- und Mobilitätserziehung

Der Lebensraum Verkehr ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens. Es ist entscheidend, Kinder so früh wie möglich auf die Teilnahme im Straßenverkehr vorzubereiten. Neben den klassischen Zielen Verkehrssicherheit und verkehrssicheres Verhalten sind gesundheits- und umweltrelevante Faktoren der Mobilität wesentlich.

Organisation der Verkehrs- und Mobilitätsbildung

Auf Bundesebene ist die Verkehrs- und Mobilitätsbildung im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung angesiedelt. An den Bildungsdirektionen ist jeweils eine Person für den Themenbereich zuständig. Die für Verkehrs- und Mobilitätsbildung Zuständigen arbeiten teilweise mit Multiplikator/innenteams an der Umsetzung in den Regionen. Eine Vielzahl von außerschulischen Kooperationspartnern bietet Unterstützung, ist doch die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen gesellschaftspolitisch relevantes Anliegen.

Der Lebensraum Verkehr ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens. Es ist entscheidend, Kinder so früh wie möglich auf die Teilnahme im Straßenverkehr vorzubereiten. Neben den klassischen Zielen Verkehrssicherheit und verkehrssicheres Verhalten sind gesundheits- und umweltrelevante Faktoren der Mobilität wesentlich.

1. Aufgaben und Ziele

Zu den traditionellen Zielen der schulischen Verkehrserziehung (Unfallprävention, Sicherheitserziehung und Sozialerziehung) kam in den letzten Jahren eine Reihe von Zielen hinzu, die gesundheits- und umweltverträgliche Faktoren der Mobilität umfassen. Dies hat zur Folge, dass immer häufiger der Begriff „Mobilitätserziehung“ anstelle von „Verkehrserziehung“ verwendet wird.

Das zentrale Ziel dieser neuen Mobilitätserziehung ist es, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, durch ihre Kenntnisse, Einstellungen und ihr Verhalten die Bedingungen für eine sichere, gesunde, sozial- und umweltverträgliche Mobilität zu verbessern und einen Beitrag zu einer zukunftsorientierten Entwicklung unserer Gesellschaft und Umwelt zu leisten.

Schülerinnen und Schüler nehmen mit steigendem Lebensalter immer intensiver und differenzierter am Verkehrsgeschehen teil. Ihre Mobilitätsbedürfnisse und Ansprüche ändern sich dabei maßgeblich.
Die schulische Verkehrs- und Mobilitätserziehung hat die Aufgabe, unterstützend und helfend an der aktiven, sozialorientierten, voraussehenden und bewussten Integration des Einzelnen in den Lebensraum Verkehr mitzuwirken. Dabei sind gleichermaßen die kognitiven, affektiven und motorischen Aspekte zu berücksichtigen. Sie ist Teil einer umfassenden Sicherheitserziehung.
Die schulische Verkehrs- und Mobilitätserziehung hat darüber hinaus die Aufgabe, das komplexe, vernetzte System Verkehr aus allen sich bietenden Blickwinkeln zu beleuchten und zu hinterfragen. Damit verbunden ist eine, zu konstruktiver Mitgestaltung bereite, kritische Reflexion des Bereiches Verkehr, also auch dessen, was im Bereich der öffentlichen Institutionen geschieht. Im Rahmen von einschlägigen Schulprojekten besteht die Möglichkeit, an demokratischen Meinungsbildungsprozessen mitzuwirken und auf das Verkehrsumfeld in der eigenen Kommune aktiv einzuwirken.

Die wichtigste Aufgabe der Verkehrs- und Mobilitätserziehung ist es, das Handeln der Menschen für ein gemeinsames Leben zu beeinflussen. Den Lernenden soll nicht nur neues Wissen vermittelt werden, sondern dauerhafte Änderungen des Verkehrs- und Mobilitätsverhaltens sowie eines adäquaten Wertebewusstseins sind anzustreben.

Die schulische Verkehrs- und Mobilitätserziehung leistet damit wesentliche Beiträge zur Sicherheitserziehung, Sozialerziehung, Umwelt- und Gesundheitserziehung sowie zur politischen Bildung.

Verkehrs- und Mobilitätserziehung im Lehrplan

Verbindliche Übung, Unterrichtsprinzip und unverbindliche Übung

In Österreich ist Verkehrserziehung für Kinder in den Volksschulen von der 1. bis zur 4. Schulstufe, in Allgemeinen Sonderschulen auch in der 5. Schulstufe als verbindliche Übung vorgesehen. Die Jüngsten werden in Volksschulen jeweils 10 Stunden, in Allgemeinen Sonderschulen jeweils 8 Stunden pro Schuljahr auf die Gefahren im Straßenverkehr vorbereitet. In den ersten drei Schulstufen werden unter Aufsicht eines Lehrers/einer Lehrerin gemeinsam mit der Exekutive praktische Übungen in der Verkehrswirklichkeit durchgeführt (Standardprogramm).

Die Vorbereitung auf die Teilnahme am Straßenverkehr als Radfahrer/in bildet einen Schwerpunkt auf der 4./5. Schulstufe (Erwerb des Radfahrausweises).

In den NMS und Unterstufen der allgemeinbildenden höheren Schulen besteht die Möglichkeit, Verkehrserziehung im Rahmen der Freigegenstände und unverbindlichen Übungen (Interessen- und Begabungsförderung mit dem Schwerpunkt "Verkehrserziehung") zu belegen. An Allgemeinen Sonderschulen ist Verkehrserziehung als unverbindliche Übung von der 6. bis 8. Schulstufe im Lehrplan verankert.

An Polytechnischen Schulen kann Verkehrserziehung in der 9. Schulstufe als unverbindliche Übung angeboten werden. Darüber hinaus können allgemeinbildende höhere Schulen (AHS) sowie berufsbildende mittlere und höhere Schulen (BMS, BHS) in der 9. oder 10. Schulstufe die unverbindliche Übung Verkehrserziehung (1 Wochenstunde) anbieten. Im Mittelpunkt steht dabei die praktische und theoretische Vorbereitung auf die Prüfung zum Erwerb des Mopedführerscheins.


1.1 Verkehrserziehung- und Mobilitätserziehung als Beitrag zur Sicherheitserziehung

Sicherheitserziehung umfasst alle pädagogischen Maßnahmen, die Kinder und Jugendliche befähigen, mit Gefahren umzugehen und sich für Unfallverhütung einzusetzen. Aufgabe der schulischen Verkehrserziehung ist es daher, den Schülerinnen und Schülern all jene Qualifikationen zu vermitteln, die sie für ein sicherheitsbewusstes Verhalten im Straßenverkehr benötigen.

Um sicherheitsbewusst handeln zu können, müssen Schülerinnen und Schüler befähigt werden, Gefahren im Straßenverkehr zu erkennen und zu beurteilen, zu bewältigen oder zu meiden, für deren Beseitigung zu sorgen sowie sich nach Verkehrsunfällen angemessen zu verhalten. Dies geschieht u. a. durch den Erwerb von Erfahrungen in Übungssituationen, Anwenden von Regeln, Förderung der Psychomotorik und des Reaktionsvermögens sowie durch den Aufbau eines flexiblen, situationsbezogenen und vorausschauenden Verhaltens.

1.2 Verkehrserziehung- und Mobilitätserziehung als Beitrag zur Sozialerziehung

Die Teilnahme am Straßenverkehr soll als ein auf Partnerschaft gerichtetes soziales Handeln vermittelt werden. Die schulische Verkehrserziehung sollte sowohl die Individuation als auch die Sozialisation der Persönlichkeit stärken. Der Schüler/die Schülerin muss befähigt werden, sich selbstständig und selbstbewusst im System Verkehr zu bewegen und dabei die eigenen Verkehrsabsichten für alle nachvollziehbar zu verfolgen. Kinder und Jugendliche sollen aber auch lernen, auf die anderen Verkehrsteilnehmer/innen und ihre Absichten zu achten sowie Verantwortung für sich selbst und andere zu tragen. Soziales Miteinander im Verkehr kann daher nicht auf das Befolgen von Regeln reduziert werden; es erfordert vielmehr situationsorientiertes flexibles Verhalten, Mitverantwortung, Rücksichtnahme und Verzicht auf Vorrechte sowie die Antizipation der Handlungen anderer.

Dabei ist auch die Kenntnis psychischer Faktoren wichtig; wie etwa die Auseinandersetzung mit den Phänomenen Aggression, Stress, Raserei, Regelverletzungen, Rücksichtslosigkeit, Trauer, Niedergeschlagenheit, Einfluss von Alkohol und Drogen. Über diesen Weg soll eine moderne Verkehrserziehung (Mobilitätserziehung) auch zu einer Humanisierung des Straßenverkehrs beitragen.

1.3 Verkehrserziehung- und Mobilitätserziehung als Beitrag zur Umwelterziehung

Die gesellschaftspolitische Diskussion über Fragen des Umweltschutzes hat in den letzten zehn Jahren eine neue Qualität erhalten.
Daher müssen die verschiedenen Faktoren von Umweltbelastungen und –zerstörungen durch den Straßenverkehr auch im Rahmen der schulischen Verkehrs- und Mobilitätserziehung thematisiert werden. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich mit ihrem eigenen Verhalten und dem der Erwachsenen kritisch auseinandersetzen und Alternativen zur bestehenden Teilnahme am Verkehr und zur Verkehrsgestaltung entwickeln. Dies bedeutet zum Beispiel, begründete Entscheidungen bei der Wahl der Verkehrsmittel zu treffen, umweltfreundliche Verkehrsmittel zu nutzen, konkrete Vorschläge zur Gestaltung der Verkehrssituation im unmittelbaren Wohn- und Schulumfeld zu machen und Fragen der Verkehrsplanung und der Verkehrspolitik zu erörtern.

1.4 Verkehrserziehung – und Mobilitätserziehung als Beitrag zur Gesundheitserziehung

Schulische Gesundheitserziehung beinhaltet nicht nur Informationen über Gesundheitsthemen und verhaltenssteuernde Maßnahmen für den Einzelnen, sondern auch die Gestaltung eines gesundheitsfördernden Lebensraumes. Daher ergeben sich zahlreiche Berührungspunkte zwischen Gesundheitserziehung und Verkehrserziehung, wie etwa Fragen der Lärm- und Stressvermeidung, der Schadstoffbelastung in Ballungsräumen, der gesundheitsfördernden Wirkung des Gehens und Radfahrens (auch im Zusammenhang mit dem Schulweg) oder die Bedeutung von vorhandenen Bewegungs- und Kommunikationsräumen für die Gesundheit.
Darüber hinaus sollen Kinder und Jugendliche lernen, durch ihr Verhalten im Straßenverkehr (angepasste Geschwindigkeit, Verzicht auf Alkohol- und Drogenkonsum, ökologischer Fahrstil etc.) ihre eigene Gesundheit und die Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmer/innen zu bewahren.

1.5 Verkehrserziehung (Mobilitätserziehung) als Beitrag zur Politischen Bildung

Vorhandene Verkehrsprobleme berühren gewöhnlich nicht nur Einzelne, sondern in der Regel ganze Stadtviertel bzw. Ortsteile oder die gesamte Kommune. Wenn Schülerinnen und Schüler etwa im Rahmen eines Projektunterrichtes im Sinne der Verbesserung des Schulumfeldes tätig werden, müssen sie gewöhnlich alle Betroffenen (einschließlich Anrainer/innen), verschiedene Verwaltungsbehörden, einschlägig tätige Organisationen und politische Entscheidungsträger/innen einbinden. Das bietet die Möglichkeit, sich als mündige Staatsbürger/innen bewegen und erleben zu können.

2. Schulstufenspezifische Schwerpunkte, Methoden und Organisationsformen

Verkehrs- und Mobilitätserziehung ist in allen Schulformen Unterrichtsprinzip. Kennzeichnend dafür ist, dass das Unterrichtsprinzip Verkehrserziehung nicht ausschließlich durch Lehrstoffangaben dargestellt werden kann, sondern als Verbindung stofflicher, methodischer und erziehungsrelevanter Anforderungen zu verstehen ist. Die Umsetzung des Unterrichtsprinzips Verkehrserziehung soll einen Beitrag zur gezielten Auswahl der im Lehrplan verankerten Lehrinhalte leisten.

Verkehrs- und Mobilitätserziehung als schulische Aufgabe erfordert, in allen Schulstufen und –arten Themen aus dem Gegenstandsbereich Verkehr und Mobilität zu reflektieren. Dafür kommen zahlreiche Unterrichtsgegenstände in Betracht.
Über den Fachunterricht hinaus sollen weitere Formen der Lehr- und Unterrichtsorganisation (z. B. Projekte,) praktiziert werden, um fächerübergreifende Lerninhalte der Verkehrs- und Mobilitätserziehung zu vermitteln.

2.1 Grundstufen I und II

Verkehrs- und Mobilitätserziehung ist in den Grundstufen I und II verbindliche Übung. Das Jahresstundenausmaß beträgt in Volksschulen 10, in Sonderschulen 8 Stunden.

Vor allem im Bereich der Grundstufen I und II ist das praktizierende Lernen in der Verkehrswirklichkeit bevorzugt zu behandeln. Dies erhöht die Chance, Erfahrungen zu machen und dadurch auch erfahren zu werden. Damit wird Ganzheitlichkeit integriert und durch die Handlungsorientierung ein hohes Maß an Bedeutungsstärke erreicht. Es gibt wenige Unterrichtsgegenstände, wo reale Situationen so schnell und leicht verfügbar sind wie in der schulischen Verkehrs- und Mobilitätserziehung. Neben dem Standardprogramm (1.–3. Schulstufe – Üben der für FußgängerInnen wichtigen Fertigkeiten in der Verkehrswirklichkeit unter Aufsicht eines Lehrers/einer Lehrerin und eines Exekutivorgans) bieten auch neue Unterrichtsbehelfe, Lehrausgänge, Exkursionen,  Schulsportwochen etc. Anlässe zum Lernen in der Verkehrswirklichkeit.

Die Inhalte der Verkehrs- und Mobilitätserziehung in den Grundstufen I und II werden durch die Anforderungen bestimmt, die an Schülerinnen und Schüler als Fußgänger/innen und Radfahrer/innen, bei der Benutzung des Schulbusses und der öffentlichen Verkehrsmittel sowie als Mitfahrer/innen im privaten Personenkraftwagen gestellt werden. Eine wichtige Grundlage ist ein umfassendes psychomotorische Training, das das Bewegungs-, Wahrnehmungs-, Anpassungs- und Reaktionsvermögen fördert. Wesentlich ist dabei auch, dass die Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler wahrgenommen und ernst genommen werden.

Am Anfang sollte ein Training in der Schulumgebung stehen, in dessen Verlauf die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit Lehrer/innen und Eltern ein sicheres Verhalten auf dem Schulweg üben. Richtiges, zunehmend selbstständiges Verhalten des Kindes im Straßenverkehr sollte als Lernleistung anerkannt und auch verstärkt werden.

Ein wesentlicher Schwerpunkt der Grundstufe II ist die Vorbereitung und Durchführung der „freiwilligen Radfahrprüfung”.
Neben dem Unterricht in der Klasse – besonders im Sachunterricht und in Bewegung und Sport sind u. a. folgende Formen der Lern- und Unterrichtsorganisation möglich: Übungen zur Wahrnehmung und Motorik; Verkehrsbeobachtung; Durchführung von einschlägigen Projekten und Aktionen (z. B. „Aktion Zebrastreifen”,  Aktion „Mach dich sicher“ etc.); Besichtigung und Erkundung; Besuch von/bei Fachleuten; Fahrradparcours; Übungsfahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln etc.
Lernorte sind folglich Klassenzimmer, Sportstätten, Schulhof, Verkehrsgärten und besonders auch die realen Verkehrssituationen im Umfeld von Schule und Wohnung.

Die Verkehrs- und Mobilitätserziehung in den Grundstufen I und II erfordert eine intensive Zusammenarbeit mit Eltern und Exekutive.

2.2 Sekundarstufe I

In der Sekundarstufe I kann Verkehrs- und Mobilitätserziehung in AHS und Hauptschulen als Freigegenstand oder unverbindliche Übung im Bereich der ALLGEMEINEN INTERESSEN- UND BEGABUNGSFÖRDERUNG angeboten werden, an Allgemeinen Sonderschulen als unverbindliche Übung von der 6. bis 8. Schulstufe (1 Wochenstunde – soweit keine schulautonomen Bestimmungen vorliegen).

In der Sekundarstufe I wendet sich die Verkehrserziehung Verkehrs- und Mobilitätserziehung an Schülerinnen und Schüler in einer Altersstufe, in der die Lebensgestaltung in erheblichem Umfang von der Teilnahme am Straßenverkehr geprägt ist. Sie nehmen häufig über weitere Entfernungen am Verkehr teil; die Wahl des Verkehrsmittels wird zunehmend differenzierter. Dabei zeigt sich eine entwicklungsbedingte Neigung zu Regelverletzungen und riskanten Verhaltensweisen auch im Straßenverkehr. Gleichzeitig wächst bei den Kindern und Jugendlichen auch das Interesse an sozialen, ökologischen, ökonomischen und technischen Problemen.

Der inhaltliche Rahmen wird durch die Themen umrissen, die auf ein sicheres und verantwortungsbewusstes Radfahren in unterschiedlichen Verkehrssituationen, auf eine möglichst rational geleitete Auswahl der Verkehrsmittel und –wege, auf die für die Teilnahme am Verkehr notwendigen rechtlichen, medizinischen, psychologischen, sozialen und technischen Kenntnisse und Einsichten in grundlegende verkehrspolitische Fragestellungen zielen.
Die Schule, deren Unterricht in dieser Altersstufe überwiegend fachlich strukturiert ist, muss in der Verkehrs- und Mobilitätserziehung auch fächerübergreifende und -verbindende Aufgabenstellungen anbieten. Neben dem Fachunterricht kommen deshalb u. a. folgende Formen der Lern- und Unterrichtsorganisation in Betracht:

  • fächerübergreifende Projekte (Projektwochen, Projekttage)
  • Lehrausgänge; Lehrfahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln etc.
  • Bewerbe etc.

Lernorte sind neben dem Klassenzimmer der öffentliche Verkehrsraum, z. B. die Verkehrsleitzentrale der Polizei, Verkehrsbetriebe oder auch der Gemeinderat.

2.3 Sekundarstufe II

An allgemeinbildenden höheren sowie an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen kann im Weg der schulischen Verkehrs- und Mobilitätserziehung in Form einer unverbindlichen Übung im Rahmen der Schulautonomie (1 Wochenstunde) auf der 9. oder 10. Schulstufe die Ausbildung zur Erlangung des Mopedführerscheins in Kooperation mit Fahrschulen/Fahrsicherheitszentren durchgeführt werden. In den polytechnischen Schulen kann diese Ausbildung in Form einer unverbindlichen Übung (1 Wochenstunde) angeboten werden.

In Bildungsanstalten für Elementarpädagogik wird Verkehrs- und Mobilitätserziehung auf der 12. Schulstufe (Kolleg: 3. und 4. Semester) als verbindliche Übung angeboten, in Bildungsanstalten für Sozialpädagogik auf der 9. Schulstufe (Kolleg: 2. Semester) – ebenfalls als verbindliche Übung.

Im Sekundarbereich II richtet sich die Verkehrs- und Mobilitätserziehung an Jugendliche und junge Erwachsene, von denen viele neben dem Fahrrad auch ein motorisiertes Fahrzeug benutzen. Fahrten mehrerer Personen in einem Personenwagen und Gruppenfahrten mit mehreren Fahrzeugen gehören verbreitet zum Gemeinschaftsleben dieser Altersgruppe, die generell die Verkehrsteilnahme als Teil einer individuellen, freien Lebensgestaltung sieht.

Der inhaltliche Rahmen wird durch Themen bestimmt, die über ein vertieftes Verständnis für verkehrswissenschaftliche Fragestellungen den Jugendlichen und den jungen Erwachsenen helfen, eigenverantwortlich, umweltbewusst, sicherheitsbewusst und in partnerschaftlicher Weise am Straßenverkehr teilzunehmen.

Dazu eignen sich u.a. folgende Fragestellungen:

  • physikalisch-technische (Brems- und Anhalteweg, Fliehkräfte, Aquaplaning etc.),
  • verkehrsmedizinische  Alkohol, Drogen, verkehrsbedingter Bewegungsmangel etc.),
  • verkehrspsychologische (Aggression, Imponiergehabe etc.),
  • ökologische (Schadstoffe, Flächenverbrauch etc.),
  • ökonomische (Güterverkehr, Einsatz verschiedener Transportmittel etc.),
  • rechtliche (Kaufverträge, Verschuldensfragen, Haftung, Versicherung etc.),
  • philosophische (Verantwortung, Qualität und Wert menschlichen Lebens etc.).

Ausgehend von der Technikfaszination Jugendlicher soll versucht werden, in der Phase des Führerscheinerwerbs ein neues Verständnis von individueller Mobilität und Autonutzung zu etablieren und eine entsprechende Gewohnheitsbildung zu fördern. Im Einzelnen lassen sich folgende Kriterien für das Leitbild einer sozial- und umweltverträglichen, auf Sicherheit orientierten Verkehrsteilnahme festhalten:

  • Das Geschehen im Straßenverkehr wird als soziale Interaktion zwischen Personen mit gleichberechtigten Interessen erlebt.
  • Konfliktlösungen werden durch Kommunikation angestrebt, es wird eine flexible Situationsanpassung versucht.
  • Umweltbewusste Verkehrsteilnahme äußert sich nicht nur bei der Verkehrsmittelwahl, sondern auch beim Autobesitz bzw. Autokauf.
  • Umweltverträgliches Autofahren beinhaltet, dass man die Verkehrsteilnahme nicht als Selbstzweck ansieht, sondern erfordert eine überlegte Autoverwendung.

Neben dem Fachunterricht bieten sich u.a. folgende Formen der Lern- und Unterrichtsorganisation an:

  • Projektunterricht
  • Lehr- oder Studienfahrten
  • Βewerbe etc.

Lernorte sind neben den Klassenräumen, Übungsplätzen und der Verkehrswirklichkeit z.B. Beratungsstellen, wissenschaftliche Einrichtungen, Polizeidienststellen, Gerichte, Nahverkehrseinrichtungen etc.

3. Verkehrserziehung (Mobilitätserziehung) und Schulautonomie

Beginnend mit dem Schuljahr 1993/94 wurde die Schulautonomie in den Schulgesetzen verankert. Sie eröffnet und erweitert die Handlungsspielräume der einzelnen Schulen.
Die Lehrplanautonomie erleichtert den einzelnen Schulen zum Beispiel:

  • die inhaltliche Profil- oder Schwerpunktbildung,
  • die Anwendung neuer Lern- und Arbeitsformen (z. B. offene Lernformen, Projektunterricht),
  • eine flexiblere Lernorganisation (z. B. Teilung einer Klasse in Kleingruppen, Blockung von Unterrichtsstunden).

Im Rahmen der Schulautonomie bietet Verkehrserziehung (Mobilitätserziehung) auch interessante Anregungen für die Gestaltung des Schulprofils oder für Schwerpunktsetzungen.

4. Pädagogische Hochschulen

Ausbildungsgänge an den Pädagogischen Akademien sehen Verkehrs- und Mobilitätserziehung als einsemestrige Lehrveranstaltung (1 Wochenstunde) vor.
Qualifizierter Unterricht erfordert die Aufnahme entsprechender Inhalte in die Lehrer/innenausbildung. Im Laufe ihrer Ausbildung sollen die Student/innen an den Pädagogischen Hochschulen das Grundwissen darüber erwerben, wie die in den einzelnen Lehrplänen festgeschriebenen Inhalte der schulischen Verkehrs- und Mobilitätserziehung methodisch richtig und ansprechend umzusetzen sind.
Lehrer/innenfortbildung hat vorrangig die Aufgabe, das Verständnis für den integrativen Ansatz der Verkehrs- und Mobilitätserziehung im Sinne von Sicherheits-, Umwelt-, Sozial- und Gesundheitserziehung zu vermitteln, neue Erkenntnisse und Entwicklungen vorzustellen und geeignete Methoden und Formen der Lern- und Unterrichtsorganisation für die Verkehrs- und Mobilitätserziehung aufzuzeigen

Zur Person

Univ. Prof. Dr. Ralf Risser, geboren in Lienz/Osttirol. Eigner von FACTUM. Vorlesungen an Universität und Technischer Universität Wien.

Seit 1988 Kooperation mit dem Institut für Technologie und Gesellschaft der Technischen Universität Lund, Schweden, seit 2005 dort Gastprofessor.

Seit 1989 mit FACTUM in mehreren EU-Projekten 1993 bis 2003 Vorsitzender der Arbeitsgruppe Verkehrspsychologie der EFPA (Europäische Föderation der Psychologen-Verbände)

Seit 1988 Sekretär von ICTCT (International Co-operation on Theories and Concepts in Traffic safety), seit 2011 Präsident dieses internationalen Vereines.

Vorstandsmitglied der NORBIT-Gruppe (Nordic Organisation for Behaviour in Traffic).

Eine Hauptaktivität besteht in Entwicklung und Anwendung von Instrumenten, die adäquate Erforschung menschlicher Motive als Basis für Sozialmanagement erlauben. Spezialist für Techniken qualitativer Forschung und Verhaltensbeobachtung (Entwickler der „Wiener Fahrprobe“ und Ableitungen davon), für heuristische Vorgangsweisen wie etwa Workshops, sowie für gruppendynamikbasierte Kreativ- und Trainingsmaßnahmen.

Organisation der Verkehrs- und Mobilitätsbildung

Auf Bundesebene ist die Verkehrs- und Mobilitätsbildung im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung angesiedelt. An den Bildungsdirektionen ist jeweils eine Person für den Themenbereich zuständig. Die für Verkehrs- und Mobilitätsbildung Zuständigen arbeiten teilweise mit Multiplikator/innenteams an der Umsetzung in den Regionen. Eine Vielzahl von außerschulischen Kooperationspartnern bietet Unterstützung, ist doch die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen gesellschaftspolitisch relevantes Anliegen.

Der Lebensraum Verkehr ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens. Es ist entscheidend, Kinder so früh wie möglich auf die Teilnahme im Straßenverkehr vorzubereiten. Neben den klassischen Zielen Verkehrssicherheit und verkehrssicheres Verhalten sind gesundheits- und umweltrelevante Faktoren der Mobilität wesentlich.

Verkehrs- und Mobilitätserziehung im Lehrplan

Verbindliche Übung, Unterrichtsprinzip und unverbindliche Übung

In Österreich ist Verkehrserziehung für Kinder in den Volksschulen von der 1. bis zur 4. Schulstufe, in Allgemeinen Sonderschulen auch in der 5. Schulstufe als verbindliche Übung vorgesehen. Die Jüngsten werden in Volksschulen jeweils 10 Stunden, in Allgemeinen Sonderschulen jeweils 8 Stunden pro Schuljahr auf die Gefahren im Straßenverkehr vorbereitet. In den ersten drei Schulstufen werden unter Aufsicht eines Lehrers/einer Lehrerin gemeinsam mit der Exekutive praktische Übungen in der Verkehrswirklichkeit durchgeführt (Standardprogramm).

Die Vorbereitung auf die Teilnahme am Straßenverkehr als Radfahrer/in bildet einen Schwerpunkt auf der 4./5. Schulstufe (Erwerb des Radfahrausweises).

In den NMS und Unterstufen der allgemeinbildenden höheren Schulen besteht die Möglichkeit, Verkehrserziehung im Rahmen der Freigegenstände und unverbindlichen Übungen (Interessen- und Begabungsförderung mit dem Schwerpunkt "Verkehrserziehung") zu belegen. An Allgemeinen Sonderschulen ist Verkehrserziehung als unverbindliche Übung von der 6. bis 8. Schulstufe im Lehrplan verankert.

An Polytechnischen Schulen kann Verkehrserziehung in der 9. Schulstufe als unverbindliche Übung angeboten werden. Darüber hinaus können allgemeinbildende höhere Schulen (AHS) sowie berufsbildende mittlere und höhere Schulen (BMS, BHS) in der 9. oder 10. Schulstufe die unverbindliche Übung Verkehrserziehung (1 Wochenstunde) anbieten. Im Mittelpunkt steht dabei die praktische und theoretische Vorbereitung auf die Prüfung zum Erwerb des Mopedführerscheins.