Wie schnell sind wir wirklich?

Das Konzept der effektiven Geschwindigkeit besagt, dass Fahrräder (manchmal sogar Fußgänger) schneller unterwegs sind als Autos. Wie das?

Quelle

Der Beitrag beruht auf einem Artikel von Dirk von Schneidemesser. Von Schneidemesser ist Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hertie School of Governance in Berlin.

In Großstädten wie Wien liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit von Fahrrädern bei ca. 12 km/h, die von Autos bei rund 25 km/h. Diese Geschwindigkeit lässt sich auf die Zeit von Beginn bis zum Ende der Fahrt zurückführen. Wann aber beginnt eine Fahr wirklich? Mit dem Umdrehen des Zündschlüssels? Oder zählt man im Winter auch die Zeit dazu, die man braucht, um die Windschutzscheibe von Schnee und Eis freizukratzen? Oder vielleicht sogar die Stunde im Büro, die man arbeiten muss, um das Benzingeld für die Heimfahrt zu verdienen?

Effektive Geschwindigkeit

Vielleicht ist es also an der Zeit, das Konzept der Geschwindigkeit zu überdenken, wobei wir beim Konzept der „effektiven Geschwindigkeit” – das Prinzip findet sich bereits bei Henry David Thoreaus Walden von 1854 – angelangt sind: Hierbei wird die gesamte Zeit, die man aufwendet, um mobil zu sein, in die Distanz-pro-Stunde-Kalkulation eingerechnet. Das heißt, man bezieht mehr in die Geschwindigkeitsmessung ein, als die reine Fahrzeit.

Fahrrad genauso schnell wie Auto

Paul Tranter, ein Professor an der University of New South Wales führt ausführliche Berechnungen der effektiven Geschwindigkeit durch und rechnet dabei auch für Radfahrer die Zeit, die für das Schmieren der Kette oder das Aufpumpen der Reifen benötigt wird, mit ein. Seine Berechnungen ergaben, dass etwa in Melbourne, Tokyo oder Los Angeles die effektive Geschwindigkeit von Autos bei nur 14 km/h, in Hamburg bei 12 km/h und in London gar nur bei 8 km/h liegt. Und diesen Wert sollten fast alle Radfahrer schaffen.

Bevor man das nächste Mal ins Auto steigt, um „schneller zu sein”, könnte man sich auch überlegen, ob das wirklich die schnellere Variante ist. Besser noch, man denkt am Ende eines langen Arbeitstages darüber nach, ob die letzten ein, zwei Stunden, die man im Büro sitzt, es wirklich wert sind, mit dem Auto nach Hause zu fahren. Nur so als Anregung ;-)

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Der Beitrag beruht auf einem Artikel von Dirk von Schneidemesser. Von Schneidemesser ist Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hertie School of Governance in Berlin.

Zur Person

Univ. Prof. Dr. Ralf Risser, geboren in Lienz/Osttirol. Eigner von FACTUM. Vorlesungen an Universität und Technischer Universität Wien.

Seit 1988 Kooperation mit dem Institut für Technologie und Gesellschaft der Technischen Universität Lund, Schweden, seit 2005 dort Gastprofessor.

Seit 1989 mit FACTUM in mehreren EU-Projekten 1993 bis 2003 Vorsitzender der Arbeitsgruppe Verkehrspsychologie der EFPA (Europäische Föderation der Psychologen-Verbände)

Seit 1988 Sekretär von ICTCT (International Co-operation on Theories and Concepts in Traffic safety), seit 2011 Präsident dieses internationalen Vereines.

Vorstandsmitglied der NORBIT-Gruppe (Nordic Organisation for Behaviour in Traffic).

Eine Hauptaktivität besteht in Entwicklung und Anwendung von Instrumenten, die adäquate Erforschung menschlicher Motive als Basis für Sozialmanagement erlauben. Spezialist für Techniken qualitativer Forschung und Verhaltensbeobachtung (Entwickler der „Wiener Fahrprobe“ und Ableitungen davon), für heuristische Vorgangsweisen wie etwa Workshops, sowie für gruppendynamikbasierte Kreativ- und Trainingsmaßnahmen.