Aufmerksamkeitstraining mit VR-Brille

Ein gemeinsames Projekt des ÖAMTC Oberösterreich und der Landesverkehrsabteilung der Polizei OÖ beschäftigt sich mit dem Thema Ablenkung im Straßenverkehr. Bei Elternabenden in Kindergärten und Volksschulen werden Eltern demnächst mittels VR-Brille mit überraschenden Verkehrssituationen konfrontiert.

Zur Person

Petra Riener leitet den Bereich Verkehrssicherheit beim ÖAMTC Oberösterreich.

Chefinspektor Nikolaus Koller ist der Koordinator für die Verkehrserziehung in Oberösterreich und Ansprechpartner für die Verkehrserzieher:innen im gesamten Bundesland. Er beschäftigt sich seit 1996 mit dem Thema Verkehrserziehung.

 

Was ist das Hauptanliegen des Virtual-Reality-Projekts?
Petra Riener: Wir möchten den Teilnehmer:innen in einer sicheren Umgebung zeigen, dass Gefahrensituationen durch Ablenkung an der Tagesordnung stehen. Wir vom ÖAMTC möchten damit an Kindergärten Elternabende abhalten, um den Eltern ihre Vorbildfunktion im Straßenverkehr vor Augen zu halten.
Nikolaus Koller: Viele verlassen sich zu sehr auf die eingebauten Hilfsmittel im Auto. Wir sehen an den Unfallzahlen, dass die Ablenkung als Unfallursache rapide steigt. Das liegt auch immer öfter an den technischen Displays im Auto, auf die man manchmal eher achtet als auf den Straßenverkehr.

Was passiert an den Elternabenden genau?
Petra Riener: Wir kommen mit Laptop, VR-Brille und einem Gaming-Chair mit Lenkrad und Pedalen zu den Kindergärten. Die Teilnehmer:innen setzen sich dann die Brille auf und können im Moment aus zwei Ablenkungs-Szenarien auswählen: Ablenkung durch Navi und Ablenkung durch Handy.

Wie kann man sich die Ablenkung in der Simulation vorstellen?
Petra Riener: Man fährt virtuell mit 50 km/h durch die Stadt und irgendwann poppt unerwartet eine Textnachricht auf, oder das Navi meldet sich mit einer Richtungsanweisung und optischen Signalen. Gleichzeitig läuft plötzlich ein Erwachsener oder ein Kind zwischen den parkenden Autos auf die Straße. Die Teilnehmer:innen versuchen dann, trotz der Ablenkung schnell zu reagieren und merken, dass das nicht immer problemlos möglich ist.

Wie erleben die Teilnehmer:innen die plötzliche Stresssituation?
Petra Riener: In dem Moment, wo die Teilnehmer:innen auf das Navi oder das Handy schauen, ist der Blick weg von der Straße und man reagiert viel später, als wenn man nicht abgelenkt wird. Am Simulator merkt man dann unmittelbar, dass man soeben einen Unfall verursacht hat. Die Teilnehmer:innen können sich abwechseln und das Geschehen der VR-Brille ist für die anderen auch auf einem Bildschirm sichtbar. Durch Eye-Tracking kann ich den Teilnehmer:innen nach der Fahrt auch genau zeigen, wo sie wann hingeschaut haben.

Wie haben Sie das Projekt getestet, bevor es nun bald in Schulen und Kindergärten geht?
Nikolaus Koller: Wir haben das Projekt in Verkehrserziehungsseminaren der Polizei getestet, damit wir die sogenannten Kinderkrankheiten hinter uns lassen. Im Umgang mit dem VR-Setup kam es auch für die Polizisten und Polizistinnen zu dem einen oder anderen Aha-Erlebnis, wenn man zum Beispiel in der Simulation vor einem Zebrastreifen eine WhatsApp-Nachricht bekommt und der Handybildschirm aufleuchtet – und dann zu spät auf einen Fußgänger reagiert wird.

Wie lange hat es von der Idee bis zur Umsetzung des VR-Projekts gedauert?
Petra Riener: Von der Idee bis zur Umsetzung ist ungefähr ein dreiviertel Jahr vergangen. Wir haben uns für eine regionale Firma aus Oberösterreich entschieden, die das Projekt mit uns umgesetzt hat. Gemeinsam haben wir dann Vertreter:innen der Landesregierung das Projekt präsentiert und die Umsetzung in die Wege geleitet.

Wird es künftig auch weitere Szenarien in der Simulation geben?
Petra Riener: Ja, vor kurzem haben wir dazu den nächsten Schritt vorgestellt und werden in Zukunft auch Situationen wie Wildwechsel oder dunkel gekleidete Fußgänger in Hell-Dunkel-Situationen anbieten. Das ist uns wichtig, weil wir ja nicht nur in der Stadt, sondern auch am Land mit dem Projekt unterwegs sind.
Nikolaus Koller: Für die Zukunft wollen wir mit der VR-Brille auch den Blickwinkel des Kindes darstellen. So können die Erwachsenen am eigenen Leib sehen, welchen Blickwinkel man als Kind zwischen den parkenden Autos im Straßenverkehr hat. Denn das können sich viele Erwachsene oft nicht vorstellen.

Wann wollen Sie loslegen?
Nikolaus Koller: Wir wollen heuer im Herbst, spätestens aber im Frühjahr mit dem Projekt an den Volksschulen und Kindergärten starten.
Petra Riener: Dazu gehen wir vom ÖAMTC aktiv auf die Kindergärten zu, in denen wir ohnehin mit der Verkehrserziehung Berührungspunkte haben. Aber natürlich kann man sich dann auch an den ÖAMTC wenden, wenn wir mit dem VR-Projekt einen Elternabend veranstalten sollen.

Was wünschen Sie sich als Lerneffekt bei den Teilnehmern?
Nikolaus Koller: Dass im Fahrzeug wieder der Mensch in den Vordergrund rückt. Man darf sich nicht zurücklehnen und sich auf die verschiedenen Fahrassistenten verlassen. Der Mensch trägt die Verantwortung im Straßenverkehr und das wollen wir mit dem Projekt in den Mittelpunkt stellen.
Petra Riener: Mir ist es wichtig, nicht nur die Kinder auf den Straßenverkehr zu sensibilisieren, sondern auch die Erwachsenen. Es gibt inzwischen so viele verschiedene Verkehrsmittel auf den Straßen und wir sollten schauen, dass es ein Miteinander im Straßenverkehr gibt. Mit dem VR-Projekt können wir auch bei den Erwachsenen das Verantwortungsbewusstsein weiter stärken.

Zur Person

Petra Riener leitet den Bereich Verkehrssicherheit beim ÖAMTC Oberösterreich.

Chefinspektor Nikolaus Koller ist der Koordinator für die Verkehrserziehung in Oberösterreich und Ansprechpartner für die Verkehrserzieher:innen im gesamten Bundesland. Er beschäftigt sich seit 1996 mit dem Thema Verkehrserziehung.