No risk, no fun

Eigenständigkeit, Demonstration von Unabhängigkeit, Bewunderung für Mutproben, Orientierung am Urteil Gleichaltriger, Freude an der eigenen Geschicklichkeit, Ausloten von Grenzen – all das ist laut entwicklungspsychologischen Erkenntnissen typisch für Jugendliche, gefährdet im Straßenverkehr aber ihre Gesundheit und ihr Leben. Die Mitwirkung bei schulischen Verkehrs- bzw. Mobilitätsprojekten kann Jugendlichen andere Perspektiven vermitteln und neue Handlungsmöglichkeiten nahelegen.

Zur Person

Dipl. Psych. Lilo Schmidt, seit 1983 Lehrtätigkeit als Verkehrspsychologin und Umweltpsychologin an der Universität Wien, der Universität für Bodenkultur und derzeit am Technikum Wien.

Forschung, Beratung und Seminare zu Verkehrssicherheit, Verkehrsmittelwahl, Mobilitätserleben, Verkehrsteilnehmersozialisation, betrieblichem Mobilitätsmanagement und Nachschulung für alkoholisierte Autofahrer.
Gesellschafterin von „somo. Schmidt + Schmidt OG, sozialwissenschaftliche mobilitätsforschung und beratung“.

Jugendliche sind in der amtlichen Verkehrsunfallstatistik sowohl als Radfahrer, als auch als Mopedfahrer sowie später als Beifahrer und Fahrer im Pkw deutlich überrepräsentiert. Dies gilt insbesondere für männliche Jugendliche. Das liegt nicht allein daran, dass sie altersbedingt sehr viel unterwegs sind und dass sie in ihrer Lebensphase immer wieder neue Rollen als Verkehrsteilnehmer erlernen müssen. Es sind auch kognitive und soziale Entwicklungsprozesse, die ihr Handeln als Verkehrsteilnehmer so gefährlich machen.

Eine differenzierte Analyse der österreichischen Unfallstatistik hinsichtlich Getöteten und Verletzten in verschiedenen Altersgruppen zeigt über die Jahre hin ein ähnliche Tendenz: bei jeder Fortbewegungsart erhöht sich nach kurzer Zeit der vorsichtigen Eingewöhnung das Unfallrisiko mit steigender subjektiver Sicherheit zunächst sehr stark.

Häufigste Todesursache

Der Unfall im Straßenverkehr ist für Jugendliche die bei weitem häufigste Todesursache. Die Gruppe der 15- bis 24-Jährigen ist mit etwa einem Drittel aller getöteten Personen überproportional an Verkehrsunfällen beteiligt. Überhöhte Geschwindigkeit, Alkohol und Drogen spielen bei den tödlichen Unfällen Jugendlicher eine wesentliche Rolle.

Altersgrenzen für Jugendliche haben sich in den letzten Jahrzehnten bedingt durch körperliche Reifungsprozesse und gesellschaftliche Entwicklungen verschoben. Heute spricht man bereits ab 10 oder 12 Jahren von Jugendlichen, die obere Grenze reicht mit üblicherweise 24 Jahren weit über das Schulalter hinaus.

Die richtige Ansprache finden

Übliche Verkehrssicherheitsappelle kommen bei Jugendlichen im Motorisierungsalter kaum an. Sie sind eher über Umweltschutz-Argumente erreichbar. Verkehrsmittelwahl, Geschwindigkeit und spritsparender Fahrstil können so thematisiert und gleichzeitig Verkehrssicherheitserfolge wie seltenere motorisierte Verkehrsteilnahme, defensivere Geschwindigkeitswahl und vorausschauendes Fahren erreicht werden.

Typisch für Heranwachsende ist ihre Neugier auf Unbekanntes, auch auf Rauscherlebnisse und Selbsterfahrung im Umgang mit verschiedenen Drogen. Alkoholkonsum, Haschisch, Marihuana und sogenannte Partydrogen wie Ecstasy sollten in ihren Wirkungen und Nebenwirkungen offen diskutiert werden. Die bei Jugendlichen unterschätzte drogenartige Wirkung von Energydrinks, besonders in der beliebten Kombination Wodka mit Red Bull, sollte hinsichtlich der Gefahren von Abhängigkeitsentwicklungen, Störung des persönlichen Schlafrhythmus und Gefahr des Sekundenschlafs problematisiert werden.

Das Fahrrad ist sicherer

Das Fahrrad als Verkehrsmittel symbolisiert für viele Jugendliche persönliche Freiheit und Unabhängigkeit. Es hat sich gezeigt, dass positive Erfahrung mit dem Radfahren den Wunsch nach ehestmöglicher motorisierter Verkehrsteilnahme abschwächen kann. Die alterstypisch Freude am Ausloten eigener Fähigkeiten, die Suche nach persönlichen Herausforderungen und Spaß an der Geschwindigkeit lässt sich beim Radfahren mit weniger Gefahr für sich selbst und andere ausleben als mit dem Moped. Daher ist eine fahrradfreundliche Verkehrsinfrastruktur wesentlich. Das Einbeziehen von Jugendlichen in Planungsprozesse im Schulumfeld kann darüber hinaus die Entwicklung partizipatorischer Kompetenz fördern und Interesse an kommunalpolitischen Fragen wecken.

Verkehrs- bzw. Mobilitätsthemen können genutzt werden, um Jugendlichen eigene Handlungsspielräume aufzuzeigen und gesellschaftliche Konfliktfähigkeit zu erlernen. Sich Hineinversetzen in die unterschiedlichen Perspektiven von Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern fördert das Verständnis für Interessenskonflikte und die Problemlösungskompetenz und hilft den Jugendlichen ihr Selbstbewusstsein zu entwickeln. 

Zur Person

Dipl. Psych. Lilo Schmidt, seit 1983 Lehrtätigkeit als Verkehrspsychologin und Umweltpsychologin an der Universität Wien, der Universität für Bodenkultur und derzeit am Technikum Wien.

Forschung, Beratung und Seminare zu Verkehrssicherheit, Verkehrsmittelwahl, Mobilitätserleben, Verkehrsteilnehmersozialisation, betrieblichem Mobilitätsmanagement und Nachschulung für alkoholisierte Autofahrer.
Gesellschafterin von „somo. Schmidt + Schmidt OG, sozialwissenschaftliche mobilitätsforschung und beratung“.

Zur Person

Univ. Prof. Dr. Ralf Risser, geboren in Lienz/Osttirol. Eigner von FACTUM. Vorlesungen an Universität und Technischer Universität Wien.

Seit 1988 Kooperation mit dem Institut für Technologie und Gesellschaft der Technischen Universität Lund, Schweden, seit 2005 dort Gastprofessor.

Seit 1989 mit FACTUM in mehreren EU-Projekten 1993 bis 2003 Vorsitzender der Arbeitsgruppe Verkehrspsychologie der EFPA (Europäische Föderation der Psychologen-Verbände)

Seit 1988 Sekretär von ICTCT (International Co-operation on Theories and Concepts in Traffic safety), seit 2011 Präsident dieses internationalen Vereines.

Vorstandsmitglied der NORBIT-Gruppe (Nordic Organisation for Behaviour in Traffic).

Eine Hauptaktivität besteht in Entwicklung und Anwendung von Instrumenten, die adäquate Erforschung menschlicher Motive als Basis für Sozialmanagement erlauben. Spezialist für Techniken qualitativer Forschung und Verhaltensbeobachtung (Entwickler der „Wiener Fahrprobe“ und Ableitungen davon), für heuristische Vorgangsweisen wie etwa Workshops, sowie für gruppendynamikbasierte Kreativ- und Trainingsmaßnahmen.